Löwendenkmal 2.0
CHOR DER AUSGESTORBENEN TIERE

2021 wird das meistbesuchte Denkmal der Schweiz und das weltweit bekannteste Löwenmonument 200 Jahre alt. Das Projekt Löwendenkmal 2.0 hat das Ziel, das Denkmal durch eine Erweiterung zu erneuern.
Seit seiner Errichtung ist der «König der Tiere» zur bedrohten Spezies geworden, Tausende weitere Arten sind durch die menschliche Zivilisation vernichtet worden.
Durch das Projekt Löwendenkmal 2.0 soll das Denkmal eine neue Relevanz bekommen und die Aufmerksamkeit für die Bedrohung des Löwen und das 6. Massenaussterben geschärft werden.

Das Kernstück des Updates ist die Schaffung eines Soundscapes im idyllischen Park am Fuss des Felsens: Aus den Bäumen und vom Teich her werden die Rufe von Tieren zu hören sein, die es nicht mehr gibt. Der sterbende Löwe wird begleitet vom CHOR DER AUSGESTORBENEN TIERE.
Der CHOR besteht aus historischen Audioaufnahmen von ausgestorbenen Vogel- und Amphibienarten.

Nachdem in der Ausstellung “Löwensafari” in der Kunsthalle Luzern das Projekt 2018  vorgestellt wurde, war der CHOR im August 2019 während 4 Tagen erstmals im Denkmalpark zu hören (im Rahmen von L21/Löwendenkmal21).

Installation des CHOR vom 15.-18. August 2019

Stimmen zum Chor

Wir haben auf einem Bänkli 2 Stunden zugehört: so schön – wenn es nicht so traurig wäre…
Zwei ältere Damen aus der Nachbarschaft des Denkmals

Wunderbare Arbeit, sollte von der Stadt als Permanent-Installation angekauft werden!
Prof. Charles Moser, Künstler und ehem. Leiter der Abteilung Kunst + Vermittlung an der Hochschule Luzern

Wie sich die Exoten mit den Einheimischen, die Ausgestorbenen mit den Lebenden, die Tier- mit den Touristenstimmen vermischen ist irritierend und sehr beeindruckend.
Werner Fischer, Musiker und Historiker, Luzern

This soundscape is a real eye-opener! it makes me see the lion in a different light.
Leila, visitor from India

Die Arbeit von Andreas Weber bricht den allgegenwärtigen Tourismus-Touch des Löwendenkmals und würde es als Dauerinstallation mehrschichtiger und tiefsinniger machen.
Hans Stricker, Kunstfreund

Der Löwe, als König der Tiere verehrt, steht wie kaum ein anderes Tier als Symbol für das 6. Massenaussterben. Der Löwenbestand ist auf etwa 5% zusammengeschrumpft, schuld daran ist der Mensch. Dass das Löwendenkmal diese neue Bedeutung erhält, ist wichtig, um zum Handeln aufzurufen.
Fabian Haas, Biologe/Löwenexperte, leopard.ch

Die Klanginstallation wirkt sehr lebendig und überraschend. Und berührt, sobald man den traurigen Hintergrund erfährt.
Kurt Thoma, Audiotechniker, Zürich 

Ein wunderbares, hochpoetisches Werk, das so berührend wie eindringlich vor Augen – nein, vor Ohren führt, wie vergänglich alles Schöne ist, wie unwiderbringlich und wie kostbar. Die Welt war nie ein Paradies, aber Andreas Webers Klangkunst verführt uns regelrecht dazu, achtsamer zu werden, im Grossen wie im Kleinen, das Leben in all seinen prächtigen und wunderlichen Formen zu schützen und zu lieben. Mehr kann Kunst nicht tun.
Tim Krohn, Schriftsteller, Santa Maria 

.. it was like walking into a surreal green haven filled with bird song, with the wounded lion as a majestic backdrop. Happy and sad at the same time and most thought provoking. Very cleverly done.
Anne Guttormsen Fraser, artist 

Auf dem Heimweg bin ich noch etwas stehen geblieben und habe in der Dämmerung den ausgestorbenen Vogelstimmen gelauscht, es war sehr stimmungsvoll und auch traurig, dazwischen rannten die „indischen“ Kinder quietschend hin und her, halt eben von dieser Welt.
Barbara Keeris, Textildesignerin

Ein total faszinierendes und originelles Kunstprojekt. Sehr schade, dass der Vogelchor nach vier Tagen schon wieder verstummen muss.
Eva Eidenbenz, Kommunikationsfachfrau, Zürich

Mittels einer raffinierten Kontextverschiebung verleiht Andreas Webers Soundinstallation dem steinernen sterbenden Löwen eine überraschende, nachdenklich stimmende Aktualität. Ein Augenöffner, der durch die Ohren geht!
Peter Fischer, Kurator

Incredible project: it sounds so real!
Silvana Savini, Artist, Küssnacht am Rigi

Löwendenkmal 2.0 hat mir Augen und Sinne für alles Leben auf unserem “verwundeten” Planeten geöffnet. Ich habe mir vorgenommen beim Einkaufen noch mehr auf die Oekologie zu achten und meine Stimm- und Wahlzettel so auszufüllen, dass unser Planet davon profitieren kann. So könnte eine Frau im hohen Alter wie ich auch noch etwas beitragen.
Maria Schwitter, Rentnerin, Kriens

Listening to the choir we have to agree with Mark Twain: this really is the saddest rock in the world!
Leslie and Henry, visitors from the US

Die Soundinstallation ist sehr subtil: Erst auf den zweiten „Blick“ merkt man, dass das Vogelgezwitscher nicht natürlichen Ursprungs ist und es wird einem die Aktualität der künstlerischen Intervention bewusst. Eine längerfristige Installation würde das Löwendenkmal um eine weitere, zeitgenössische Bedeutungsebene bereichern.
Carlo Gaetano Zampieri, Architekt, Luzern

Wir brauchen Symbole, welche die Menschen aufrütteln. Das Löwendenkmal eignet sich wie kein zweites dafür.
Kurt Eichenberger, Geschäftsleiter WWF Luzern

Eine ausserordentlich anregende Arbeit, die auf eindrückliche Weise hochaktuelle Anliegen mit der Magie des Ortes, mit Geschichte und mit der sensiblen Wahrnehmung von Vergänglichkeit verbindet.
Prof. Michael Eidenbenz, Direktor Departement Musik ZHdK

> Besprechung in der Luzerner Zeitung, von Hugo Bischof (PDF)

Abendveranstaltung mit dem WWF Luzern, Medienarbeit

Einige Stimmen im CHOR

200 Jahre – Zeit für ein Update

PRÄMISSEN

  1. Zielgruppen-Shift. Das Löwendenkmal mit seiner Geschichte ist in der Schweiz (mit Ausnahme Luzerns) in Vergessenheit geraten.
    Als beliebter Fotostopp für geführte Gruppen wird es jedes Jahr von über einer Million aussereuropäischer Touristen besucht.
  2.  “das traurigste und bewegendste Stück Stein der Welt” (Mark Twain):
    dieser Löwe an diesem Ort kann bis heute Emotionen wecken – aber wofür?

DAS UPDATE

Das Monument zur Erinnerung an die Vernichtung der Schweizergarde beim Tuileriensturm wird aktualisiert. Um eine auditive Dimension erweitert, wird es zum Mahnmal für die Bedrohung des Löwen als Spezies und das 6. Massenaussterben im Anthropozän.
Die Erweiterung beinhaltet einen Soundscape und ein neues Narrativ.

CHOR DER AUSGESTORBENEN TIERE (SOUNDSCAPE)

Im idyllischen Park um das Denkmal sind aus den Bäumen und vom Teich her die Stimmen von ausgestorbenen Tieren zu hören, insbesondere Vogelrufe: der sterbende Löwe, der “König der Tiere”, wird begleitet vom CHOR DER AUSGESTORBENEN TIERE.
Die Magie des Orts bleibt intakt. Die ausserordentliche Akustik am Fuss der Wand wird genutzt, um einen dezenten, vermeintlich natürlichen Klangraum
zu schaffen. Er wird der Tages- und Jahreszeit angepasst.

DAS NEUE NARRATIV

In Ergänzung zur bisherigen historischen Information, lenkt das neue Narrativ die Aufmerksamkeit auf die Bedrohung des Löwen im Rahmen des 6. Massenaussterbens.
Die Informationen zum Monument werden primär durch die Guides der Package Tours vermittelt.
Kommunikationsmittel (alle auch auf englisch, weitere Sprachen?):

  • Video (1-3 Minuten) zur Projektpräsentation, insbesondere zur Information der Tour-Operators
  • Flyer/handliche Infotafel für Tourguides
  • stationäre Infotafel vor dem Denkmal
  • Webseite lionmonument.org mit weiterführenden Informationen, Tools zur Identifikation der Tierstimmen, etc. (responsive, auch für Smartphone)
  • Pressedokumentation. Die lokale Bevölkerung wird am besten über die Medien erreicht: Berichterstattung zum Jubiläum, gemeinsame Aktion mit WWF etc.

> mehr zum Projekt

Zettelkasten

“Couldn’t think of too many people less deserving of honor. Beautiful statue though.”
“So this is a statue that honors men who protected fascists, right?”
“and it really did touch me emotionally before I read about what it was for.”
“Photos can’t do this place justice. This is the only monument ever that made me cry.”
(Kommentare auf tripadvisor.com und reddit.com)

Die Emotion die die Thorvaldsen Skulptur immer noch hervorruft und die Aufmerksamkeit, die das Löwendenkmal als touristischer Hotspot geniesst, soll genutzt werden, um das Bewusstsein für eines der existentiellen Themen unserer Zeit zu schärfen.

In seiner knappsten Form könnte das neue Narrativ durch einen Tourguide so vermittelt werden:

[im Anschluss an die historischen Ausführungen] You hear that bird? This is not a real Swiss bird – it is a historic recording of a bird that does not exist anymore, a bird of an extinct species.
It is part of the “CHOIR OF EXTINCT ANIMALS”, an art piece that draws the attention to the ongoing mass extinction caused by the impact of us humans on the ecosystems – plant and animal species go extinct each day, at a rate of several hundred species per day.
In the 200 years that this sculpture exists, the habitat of the lion has shrunk by more than 90% . In the last 20 years alone, the number of African lions has been reduced by 43%. [ pointing at the lion ] The lion is really dying.

Erlebnisdesign: der Blick des Besuchers wird durch die Geschichte des Thorvaldsen Denkmals zuerst auf die Vergangenheit gerichtet, und dann durch den Soundscape und das begleitende 2. Narrativ auf die Gegenwart und Zukunft gelenkt. Das Lauschen auf die Tierstimmen öffnet die Sinne für diesen wunderschönen Raum und schafft einen Moment der Besinnung.

Wie können das Gefühl und das Bewusstsein in konkretes Handeln umgesetzt werden?
Vernetzung mit Tierschutz- und Umweltorganisationen. Aktionstag/Informationsstand
des WWF beim Löwendenkmal, etc.

Viele Stakeholder: Anwohner, die einheimische Fauna des Parks, Denkmalschutz, Tourismusförderung, etc.

Machen die Themen Ökologie und globale Nachhaltigkeit das Projekt allenfalls auch für das Stadt- und Standortmarketing attraktiv?

Im göttlichen Schöpfungsplan waren alle Geschöpfe vollkommen und auf Ewigkeit angelegt. Es brauchte eine Revolution um sich etwas anderes vorstellen zu können.
Der junge Paläontologe Georges Cuvier entwickelte anhand der Analyse von Knochen des Mastodons als erster die Theorie des Aussterbens von Arten – im revolutionären Paris, 4 Jahre nach dem Sturm auf die Tuilerien.
Sein Vater hatte als Leutnant in der Schweizer Garde gedient.

Das grosse Sterben

DER STERBENDE LÖWE

Der Löwe wird insgesamt als gefährdet (vulnerable) eingestuft.
Der Asiatische Löwe (Panthera leo persica), dessen Wildpopulation auf den Gir-Nationalpark in Indien beschränkt ist, gilt als stark gefährdet (endangered).
In Westafrika ist der Löwe inzwischen vom Aussterben bedroht (critically endangered). Der südostafrikanischen Löwe unterscheidet sich genetisch von den anderen Löwenarten. In einigen grossen Schutzgebieten Ost- und Südafrikas scheint seine Zukunft bislang gesichert. (Quelle: Wikipedia)
Neue Forschungen zeigen, dass sich der Rückgang in den letzten 20 Jahren dramatisch beschleunigt hat: seit 1993 haben die Bestände des afrikanischen Löwen um 43 Prozent abgenommen. (Quelle: NYT)

DAS 6. MASSENAUSSTERBEN

Die Gefährdung des “Königs der Tiere” ist Teil des menschgemachten Massenaussterbens, der grössten Reduktion der Biodiversität seit dem Aussterben der Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren (5. Massenaussterben) – heute gehen jeden Tag mehrere Hundert Tier- und Pflanzenarten verloren. Die gegenwärtige Aussterberate liegt 1.000- bis 10.000-fach über der so genannten normalen Hintergrundaussterberate.

Seit der Sesshaftwerdung des Menschen in der Jungsteinzeit wurde die Tierwelt, insbesondere die Megafauna, stark zurückgedrängt. Als Menschen ab ca. 800 n. Chr. weitere Inseln besiedelten, rotteten sie die dortige Megafauna, die eine niedrige Reproduktionsrate und keine Fluchtreflexe hatte, durch übermässige Jagd aus (etwa Neuseeland oder Madagaskar) oder brachten die ansässige Vogelwelt zum Verschwinden (Hawaii, Polynesien).
Eine richtige Aussterbeflut brachte jedoch das Zeitalter der Entdeckungen ab ca. 1500, als Europäer andere Kontinente besiedelten, vermeintliche Schädlinge
ausrotteten und Neozoen einschleppten (Ratten, Füchse, Schweine), denen die einheimische Fauna nur schwer gewachsen war. Die Industrialisierung, die globalisierte Wirtschaft, die starke Zunahme der Weltbevölkerung seit dem 2. Weltkrieg und der Klimawandel führen zu einer weiteren starken Beschleunigung des Artenrückgangs.

Der Jahresbericht 2014 des WWF spricht von einer teilweise dramatisch zunehmenden Verschlechterung der Lage vieler Arten wie etwa Nashörner (von einer Unterart, dem Nördlichen Breitmaulnashorn, gibt es laut WWF nur noch fünf Exemplare), Elefanten (Wilderer in Afrika erlegen mehr Elefanten, als Nachwuchs geboren wird), Löwen (in Westafrika stehen sie vor dem Aussterben, in Indien gibt es nur noch Restbestände) oder Walrosse (sie werden Opfer des Klimawandels, ihre Ruheplätze auf Eisschollen verschwinden mit dem Rückgang des arktischen Packeises). Auch viele andere Tiere verlieren laut WWF ihren Lebensraum: Bei den Primaten finden sich inzwischen 94 Prozent auf der Roten Liste in einer der drei höchsten Gefährdungskategorien.
Laut WWF hat die Artenvielfalt seit den 1970er-Jahren stark gelitten: die Zahl der Säugetiere, Vögel, Reptilien und Fische habe sich seither im Schnitt halbiert, die Welt verliere täglich 380 Tier- und Pflanzenarten.

Der 2016 veröffentlichte Living Planet Report des WWF meldet bei weltweit über 14.000 untersuchten Tierpopulationen einen Rückgang der Bestände um fast 60% während der vergangenen 40 Jahre. Die Bestände der Tiere in Flüssen und Seen sind im gleichen Zeitraum weltweit im Schnitt um 81 % zurückgegangen.

Ausblick: ein Zeichen der Hoffnung

TROTZ ALLEM

“Trotz Allem” muss das Motto der Schweizer gewesen sein, als sie am 10. August 1792 den Kampf aufgenommen haben.

EIN ZEICHEN SETZEN

Heute sind die Herausforderungen enorm, die Lage aber nicht hoffnungslos: der Mensch verursacht das Massenaussterben, er kann es auch beenden.
Ein prominentes Beispiel: dank den Schutzanstrengungen gilt der grosse Panda seit 2016 als nicht mehr gefährdet.
Das Löwendenkmal hat das Potential, Menschen aus aller Welt durch eine sorgfältig inszenierte ästhetische Erfahrung für die existentielle Gefährdung zu sensibilisieren.
Es wäre eine überaus spannende Herausforderung, dieses ambitionierte Projekt – die “De-Banalisierung durch Re-Kontextualisierung” eines quantitativ ungemein erfolgreichen Monuments – mit den unterschiedlichen Stakeholdern weiterzuentwickeln und zu konkretisieren.

“Indem der Mensch Arten vernichtet,
sägt er am Ast des Lebens auf dem er sitzt.”
Paul Ehrlich, Biologe
Alalā (Corvus hawaiiensis)
Seit 2002 in der Wildnis ausgestorben, etwa 120 Individuen überleben in zwei Aufzuchtstationen. Die Auswilderungsversuche sind bisher erfolglos geblieben.
Eine der Stimmen im “Chor der ausgestorbenen Tiere”

Links

Löwendenkmal 2.0 – Projektdokumentation (PDF)

www.loewendenkmal21.ch – ein Mehrjahresprojekt der Kunsthalle Luzern, kuratiert von Peter Fischer. Der 2017 ausgeschriebene “Lion Call”, ein Ideenwettbewerb für Kunstschaffende, gab den Anstoss für das Projekt Löwendenkmal 2.0.

Elizabeth Kolbert, The Sixth Extinction: An Unnatural History

Luzerner Zeitung, Bericht über die Installation im August 2019